Risikoidentifikation mit Brainstorming in der Gruppe ist eine wirkungsvolle Methode. Wesentliches Kennzeichen von Brainstorming ist die assoziative und nicht bewertete Sammlung von möglichst vielen, spontanen Äusserungen zu einer bestimmten Fragestellung – in diesem Fall zu Projektrisiken. Vorteil des Brainstormings in der Gruppe ist die gegenseitige Anregung der Teilnehmer, ein Nachteil von Brainstorming ist die eventuell zu schnelle Fokussierung der Gruppe auf einen Bereich. Auf einen anderen gewichtigen Nachteil hat mich der Blog von Herding Cats wieder einmal hingewiesen:
Stellen Sie sich vor, alle sitzen in einem Raum, der Projektleiter, einige Projektteammitglieder, Linienvorgesetzte und Spezialisten. Diese Personen werden wahrscheinlich nicht alle die gleiche Ansicht von Risiken haben. Was aber schwerwiegender ist, sie haben nicht den gleichen Einfluss auf das Projekt und den gleichen Rang (Fussvolk, Vice Presidents, Directors..). Deshalb wird nicht jeder seine Meinung und Ideen bezüglich Risiken in der Gruppe offen darlegen (Hemmungen, Angst vor negativen Rückmeldungen/Konsequenzen, Ausgelacht werden etc). Das kann man immer wieder sehen, wenn Mitglieder des Senior Managements an solchen Sitzungen teilnehmen. Da werden sich die „Untergebenen“ sehr vorsichtig verhalten.
Dieses Verhalten ist gut dokumentiert, anhand eines Beispiels der NASA. Der Ingenieur Roger Boisjoly arbeitete seit 1980 für die Firma Morton Thiokol, dem Produzenten der äußeren Feststoffraketen für das Space-Shuttle-Programm. Er wies bereits im Juli 1985 auf die fehleranfällige Konzeption der so genannten O-Ringe hin, die bei sehr niedrigen Außentemperaturen während des Starts katastrophale Auswirkungen haben könnte. Er wurde nicht ernst genommen. Die Manager sagten dem Pre-Launch Coordinator am Telefon: "You've got to stop acting like engineers and start acting like business people. We don't get paid unless this thing (the solid rocket boosters) get launched." Der Ausfall dieser Dichtungsringe führte letztlich zum Unglück der Raumfähre Challenger am 28. Januar 1986, bei dem die gesamte Besatzung starb. Das ist natürlich ein Worst-Case-Beispiel für das Risiko Management.
Was kann man dagegen tun? Auf Brainstorming ganz verzichten wäre nicht gut. Besser ist es in einer homogeneren Gruppe bezüglich Hierarchie dieses durchzuführen. Aber was mir noch viel wichtiger erscheint: Es sollte zusätzlich ein anonymer Reportingkanal definiert werden, wo jeder die „verrücktesten“ Risiken melden kann, bzw. welche die man nicht "öffentlich" sagen will. Weiter sollte man dem Projektteam immer wieder sagen, dass Jeder, zu jeder Zeit, Risiken melden kann. Auch sind bilaterale Gespräche zwischen Projektleiter und Projektteammitgliedern gute Zeitpunkte um potentielle Risiken ausfindig zu machen. Ich habe auch schon mehrmals festgestellt, dass an den wöchentlichen Statussitzungen, während Diskussionen, unbewusst, neue Risiken aufgedeckt werden. Es gilt dann diese schnell zu notieren, damit sie nicht wieder vergessen gehen.
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Samstag, 1. Dezember 2012
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